Kleiner Video-Gottesdienst am 24.5.2020 in Hilgen Exaudi

mit Pastorin Annerose Frickenschmidt, Kantorin KMD Silke Hamburger, Presbyter Thomas Michalzik (Kamera)

Orgelvorspiel
Eingangsvers Jesus sagt: Ich will euch wiedersehen und euer Herz soll sich freuen und eure Freude soll niemand von euch nehmen.  (Joh 16,22)
Wir feiern Gottesdienst. 
 
Mehr denn je erleben wir in dieser Krisenzeit, wie sehr wir in all unseren Gottesdiensten von dem leben, was wir nicht oder noch nicht sehen können. Wir feiern immer auch in Hoffnung auf das, was noch aussteht, was uns verheißen ist.

Ich will euch wiedersehen und euer Herz soll sich freuen, so verheißt es Jesus im Johannesevangelium mit Blick auf seinen kommenden Tod, so tröstet er seine Jünger*innen.
 
Der heutige Sonntag hat den Namen Exaudi „Höre“. Das Wort bezieht sich auf einen Satz aus dem 27. Psalm, mit dem wir gleich beten werden. Höre, Ewige, höre Gott, mein lautes Rufen, neige dich zu mir! Antworte mir!
Jesu Verheißung eines Wiedersehens und zukünftiger Freude und das laute Rufen nach Gottes Nähe und Gehör – diese beiden Verse zum heutigen Sonntag  geben zusammen die Spannung wieder, in der sich die Jünger*innen Jesu nach seiner Himmelfahrt befinden. Jesus hat ihnen das Kommen des Geistes verheißen, aber noch spüren sie wenig davon. Sie leben (so heißt es in einer Erklärung zu diesem besonderen Gottesdienst zwischen Himmelfahrt und Pfingsten) in einer kaum erträglichen Spannung, denn das Vergangene hat nun keine Bedeutung mehr, und das Zukünftige hat keine Kraft. Die Gegenwart, in der sie machtlos sind, wird übermächtig und scheint sie zu fesseln.  
 
Das kommt mir gerade ziemlich bekannt vor: Unsere Gegenwart wächst auch uns oft über den Kopf, fesselt uns, lähmt uns. Das Zukünftige scheint weit weg und in vieler Hinsicht so wenig verheißungsvoll.            

Ich will euch wiedersehen und euer Herz soll sich freuen und eure Freude soll niemand von euch nehmen.
Wie finden wir Mut für die Gegenwart? Und für die Zukunft? 
Wir beten mit Worten aus dem 27. Psalm
Psalm 27, 1.7-14 in Auszügen (BigS)
 
Gott ist mein Licht und mein Heil- 
vor wem sollte ich mich fürchten?
Gott  ist die Zuflucht meines Lebens –
vor wem sollte ich erschrecken?
Höre, Ewige, mein lautes Rufen,
neige dich zu mir! Antworte mir!
Mein Herz spricht dir nach: 
Sucht mein Antlitz!
Ich suche dein Antlitz, Gott.
Verbirg dein Antlitz nicht vor mir!
Gib mich nicht auf, 
verlass mich nicht, Gott meiner Befreiung!
Weise mir, Adonaj, deinen Weg!
Leite mich auf ebenem Pfad, weil Menschen mich verleumden!
Mit gewissem Herzen glaube ich daran, 
die Güte Gottes zu sehen, im Land der Lebenden.
Hoffe auf  Gott, sei stark, fasse dir ein Herz!
Hoffe auf Gott!
 
Lesung des Predigttextes 
(Jeremia 31,31-34 BigS)
Gebt Acht, die Zeit wird kommen, – so spricht Gott – da will ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen. Dieser Bund gleicht nicht dem Bund, den ich mit ihren Eltern geschlossen habe an dem Tag, als ich sie an ihrer Hand nahm, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen: diesen meinen Bund konnten sie brechen, obwohl ich über sie geboten habe – so Gottes Spruch. Sondern so wird der Bund aussehen, den ich mit dem Haus Israel nach jener Zeit schließen will: – so spricht Gott –  Ich werde meine Weisung in ihr Inneres legen, in ihr Herz werde ich sie schreiben. Ich werde ihnen Gott und sie werden mir Volk sein. Sie werden einander nicht mehr belehren und weder zu den
Mitmenschen noch unter den Geschwistern sagen: Lerne Gott kennen! Denn sie alle werden mich kennen, alle von Klein bis Groß – so spricht Gott – Denn ich werde ihre Vergehen verzeihen und an ihre Unrechtstaten nicht mehr denken.

Lied eg 134,1.5.


Gedanken zum Predigttext 
 
Liebe Gemeinde, 
 
We shall meet again – wir werden uns wiedersehen, hat die 94jährige Queen versprochen, als sie sich nach Schloss Windsor zurückziehen musste. Ich wusste erst nicht recht, ob mir das zu pathetisch war. Aber gleichzeitig hat es mich auch gerührt. Ein mutiges Versprechen, von dem wir nicht wissen, ob sie es so unmittelbar wird einlösen können. Aber ist das wichtig? Hat sie nicht etwas gemeint, das über ihre Person hinausgeht? Ich denke schon. Und ich glaube sicher, dass sie so manche Menschen im Vereinigten Königreich damit getröstet hat. 
 
Das, was jetzt ist, das was wir jetzt sehen und hören, ist nicht Alles. Gott hält eine Zukunft für uns bereit, Freude und Licht. Die Bibel ist ein vielstimmiges Zeugnis dieser Hoffnung und dieses beharrlichen Vertrauens. Jesus hat seinen Anhänger*innen das Kommen des Geistes versprochen. Jeremia spricht aus, wonach auch wir uns oft sehnen: Könnte doch Gottes Geist in unsere Herzen einziehen  und in den Herzen aller Menschen wohnen – wie wunderschön könnten wir es haben in dieser Welt: Friede könnte sein für uns und Gottes ganze Schöpfung. 
 
Jeremia legt diese Sehnsucht Gott selbst in den Mund. Gott erkennt, so erzählt es Jeremia immer wieder, dass seine Menschen hoffnungslos die gleichen Fehler machen wieder und wieder. Und Gott verzweifelt an diesen Götzen verehrenden Menschen, bei denen sich so viel um das Haben dreht und so wenig um das Sein, die Macht wollen und Geld und nicht danach fragen, wie sehr sie auf Kosten anderer leben. Die das Leben der ganzen Schöpfung mit Füßen treten und die Stimme Gottes nicht hören, dem das Leben, alles Leben so kostbar ist. Und weil alles Unheil, dass sie über sich selbst bringen, nichts an ihrer Sturheit ändert, will Gott seinen eigenen Atem, seinen heiligen Geist in ihr Herz legen, damit sie lernen Gott zu erkennen und aus Gottes Liebe zu leben. 
 
Hat Jeremia sich einer Illusion hingegeben? Wir brauchen uns ja nur umzusehen in der Geschichte der Welt und akut in dieser Krisenzeit. All die Verrückten in der Welt, all die Trumps und Bolsonaros, all die Verschwörungsfantasten, Rechtsradikalen, Umweltzerstörer, all die, denen es jetzt nur um den Erhalt ihrer Macht geht, oder der ihres Landes und nicht um das Wohl der Menschheit oder der Schöpfung – wo ist denn da etwas spürbar von dem Geist, der uns verheißen ist? 
 
Jeremia hat selbst unendlich viel Ernüchterndes erlebt in seiner Zeit, Grausamkeit, Krieg, abgrundtiefe menschliche Dummheit und Unbelehrbarkeit, so wie wir heute. Trotzdem hält er an Gottes Verheißungen fest, so wie es all die Menschen tun, die in der Bibel von ihrem Gottvertrauen erzählen. Sie sind ein lebendiges Beispiel dafür, dass Gottes Geist in Menschenherzen lebt und leben will, auch in unseren. 
 
Es ist nicht alles gut geworden nach Jeremias Verheißung, auch nicht nach den Verheißungen Jesu und seiner Auferstehung. Aber die Erfahrung der Nähe und Liebe Gottes und die Hoffnung, die aus ihr wächst, begleitet Menschen bis heute, auch uns. Darum feiern wir Gottesdienst. Wir feiern, weil wir Hoffnung haben. Nicht immer. Oft sind wir auch verzagt. Aber wenn wir ganz ohne Hoffnung wären, wären wir nicht hier in der Kirche oder am Bildschirm zusammen. Unsere Hoffnung, und sei sie noch so klein, ist ein Zeichen dafür, dass Gottes Geist lebendig in uns wohnt. 
 
Und wenn eine 94 jährigen Königin verspricht „we shall meet again“, dann weiß sie etwas von der Hoffnung, die uns über den Horizont unseres eigenen Lebens hinausträgt und uns miteinander verbindet und uns einen Weg weist.
Höre, Gott, mein lautes Rufen, neige dich zu mir! Antworte mir! Manchmal ist unsere Hoffnung nicht mehr als dieses laute Rufen. Aber auch dieses Rufen kommt aus Gottes Atem, der in uns wohnt, aus der Liebe, die uns nicht der Hoffnungslosigkeit in dieser Welt überlassen will und wird.
Und der Friede Gottes…..
 

Lied eg 136 O komm, Du Geist der Wahrheit 1,7

Kollekte
Über einen Link auf unserer homepage können Sie für die Kollektenzwecke für diesen Sonntag spenden. Die Hilfsorganisationen erleben im Moment dramatische Einbrüche der Spenden, und das, obwohl sie gerade jetzt mehr denn je auf Spenden angewiesen sind. Mit der heutigen Kollekte bitten wir um Spenden für:
 
 
Diakonische Jugendhilfe und Diakonie unserer Gemeinde
 
Fürbitte
Gott, wir bitten dich für alle Menschen, die keinen Grund zur Hoffnung sehen. Für alle, die das Rufen nach dir nie ganz gewagt oder aufgegeben haben. Zünde Du selbst den Funken der Hoffnung in ihnen an. 
 
Wir bitten dich für alle, deren Hoffnungen wieder und wieder zerstört werden durch Krankheit und Tod, durch Gewalt oder durch die Skrupellosigkeit derer, die mehr Macht haben als sie, denen deine Schöpfung gleichgültig ist, die sich nicht scheren um Gerechtigkeit und Wahrheit, die Liebe nur für sich selbst und ihre Verbündeten aufbringen. 
 
Wir bitten dich für die Flüchtlinge in den Lagern dieser Welt, für  alle Menschen, die unterdrückt werden und für die, die sich einsetzen für den Schutz der Umwelt, für Menschrechte, politische Aufrichtigkeit, Solidarität mit den Schwachen – und wieder und wieder an der Macht der Zyniker scheitern. 
 
Hilf ihnen, dass sie beharrlich bleiben in ihrer Hoffnung und die Welt nicht den Gleichgültigen überlassen, und lass auch uns solche Menschen sein.
 
Vater Unser
 
Segen

Orgelnachspiel: Robert Schumann, freundliche Landschaft