Videogottesdienst am 9. Mai 2021

Videogottesdienst am 9. Mai 2021 mit Einweihung des neuen Kerzenständers in der Hilgener Kirche

Liturgie und Predigt: Pfarrerin Annerose Frickenschmidt
Orgel und Gesang: KMD Silke Hamburger
Lesung und Gesang: Ekkehard Rüger
Kamera: Thomas Michalzik

Orgelvorspiel: S. Wesley „Air“

Ich habe mein Herz vor dem Heiligen ausgeschüttet (1. Sam 2, 15)

Liebe Gemeinde, diese kurze knappe Zusammenfassung dessen, was beten sein kann, ist unser Willkommen im Gottesdienst heute, hier und wo immer Sie gerade sind oder ihr seid. Sie stammen von Hanna, von der das erste Buch Samuel erzählt. Ihre Gebete kennen die Höhen und Tiefen des Glaubens, Tränen und Stille vor Gott, Gesang und überschwängliche Freude.

Der heutige Sonntag hat einen Namen im Kirchenjahr: Er heißt „Rogate“, das bedeutet übersetzt „betet“ und will uns Mut machen die Höhen und Tiefen unseres Glaubens, unser Suchen und Bitten, unser Staunen und unser Glück, unsere Zweifel und unseren Dank Gott anzuvertrauen. 

(Einweihung des neuen Kerzenständers) 

Wir feiern diesen Gottesdienst
im Namen Gottes, Quelle allen Lebens,
im Namen Jesu Christi, menschgewordene Liebe
und im Namen der Kraft, die Himmel und Erde verbindet,
Gottes Atem in der Welt.

Gebet

Gott, Ewige, Geheimnis und Gegenwart, Du ferner und naher Gott, zu dir kommen wir. 

Wir suchen dich, wir haben viele Fragen. Wir suchen deine Stimme inmitten unseres Gedankenlärms.

Wir sehnen uns nach der Erfahrung deiner Nähe, und sei es nur für einen winzigen Moment, der unser Herz ruhig werden lässt, uns mit Frieden erfüllt und Trost. 

Manchmal berührst Du uns und wir staunen über deine Spuren in unserer Welt: Im Lachen eines Kindes, im Spiel von Schatten und Licht in den maigrünen Bäumen, in den Neuanfängen, im Wagnis der Liebe weit über den Horizont des Vertrauten hinaus, in den klarsichtigen Momenten der Mächtigen, der Demut der Stolzen, in neu erwachendem Vertrauen, im Triumph des Lebens.                         

Gott, all unser Sehnen und Flehen, unser Staunen und unseren Dank  –  dir vertrauen wir es an. 

Amen

  1. Lied Kommt herbei 577,1,2 

Die Lesung für heute ist nur ein kleiner, unauffälliger Satz. Es gibt ihn so ähnlich unzählige Male in der ganzen Bibel. Selten nehmen wir diese kleinen Sätze in unseren Lesungen und Predigten wahr.

Meistens konzentrieren wir uns auf das, was vorher oder nachher da steht.

Wir hören aus dem Markusevangelium, aus dem  1. Kapitel: 

Frühmorgens, als es noch völlig dunkel war, stand Jesus auf , verließ die Stadt und ging in die Einsamkeit der Wüste, um dort zu beten.

Jesus wird in diesem 1. Kapitel des Evangeliums von Markus mit dem vorgestellt, was in seinem Leben wichtig ist: Über seine Lehre hat Markus vorher schon erzählt, über seine heilende Gegenwart für Menschen. Jetzt kommt er noch einmal auf das zurück, was die Quelle ist, aus der Jesus die Kraft, die Ermutigung, die In-spiration (wörtlich heißt das die „Ein-hauchung“) schöpft: Aus Gott selbst, aus Gottes Atem, aus dem Gebet.

  • Lied 655,1-4 Aus der Tiefe rufe ich zu dir 

Liebe Gemeinde, 

beten Sie, betet ihr manchmal für euch allein? Und wenn ihr betet, bei welchen Gelegenheiten macht ihr es? Jeden Tag, jeden Morgen, ab und zu, bei Bedarf? Und was ist der Bedarf: Eine dringende Bitte, ein Stoßgebet für mich oder andere, ein Dank, ein Lob??? Und wie beten Sie: Mit Worten der Bibel oder aus einem schönen Buch? Mit eigenen Worten? Oder ohne Worte? Im Schweigen, im Staunen in der Natur ohne, dass Sie merken oder ihr, dass auch das Staunen ein Gebet ist oder in dem Bewusstsein dafür, dass es so ist, dass Gott auch unser Staunen als Gebet hört, weil Gottes Ohr und Auge keine Worte braucht, noch nicht einmal kluge Gedanken?

Was ist beten für euch, was sucht ihr darin, warum beten Sie, wenn Sie es tun? 

Vor Jahren haben meine damaligen Konfis aufgeschrieben, was beten für sie ist: Nur einige Worte und Sätze will ich wiedergeben. Vielleicht finden Sie sich darin wieder oder ihr?

„Zu beten fällt mir ein“, so die Jugendlichen:                                                                                dass man Freude am Leben hat, wenn Gott mit einem geht.
Ruhe
Stille
Gott eine Nachricht schicken
Ruhe finden und über sich und die Welt nachdenken 
Wahrheiten
Geheimnisse verraten                                                                            
schlechtes Gewissen                                                                                
Angst                                                                                                
Kummer 
Vertrauen                                                                                                  
danken
fragen
singen
überall
Glauben suchen und finden
Fliegen wie ein Vogel

So viel ist beten. Und Sie und ihr könntet sicher mehr Worte dazu finden. 

So viel ist beten und trotzdem tun wir uns oft schwer damit.

Vielen ist das Beten inzwischen auch fremd. Viele Jugendliche  und auch schon deren Eltern haben nur im Gottesdienst mal ein Gebet erlebt. Selbst zu beten ist manchen eine fremde Vorstellung. Wie geht das überhaupt? Und müsste ich nicht besser wissen, wer Gott ist oder ob Gott überhaupt ist, um das zu versuchen?

Und wir Theologinnen und Theologen? Selbst bei uns gibt es eine oft eine gewisse Scheu, außerhalb des Gottesdienstes mit Menschen zu beten. Wir wollen niemandem zu nahe treten, der oder die das nicht gewohnt ist. Niemandem mit pfarrherrlicher Autorität etwas überstülpen. Ich brauchte erst ein paar Jahre Berufserfahrung, um zu merken, wie sehr es auch ganz kirchenferne Menschen bewegen kann, wenn ich z.B. am Ende eines Traugespräches versuche, das, was sie bewegt und was ich ihnen wünsche, in einem Gebet auszudrücken, es Gott anzuvertrauen. Das ist oft der Moment, in dem endlich doch die Tränen fließen können. Warum? 

Weil meine Gefühle als Trauernder oder Trauernde in den Worten der Bibel oder meines Gegenübers ernst genommen sind und ich in diesem kurzen Moment nicht allein damit bin. Weil ich ahne, auch dann, wenn ich es gar nicht ausdrücken könnte, dass ich mit meiner Traurigkeit und Angst gesehen werde, aufgehoben bin in einer Liebe, und sei sie noch so unvertraut, die größer ist als ich, in einem Licht, das mir leuchtet, auch wenn in mir gerade alles dunkel ist.  Und auch hier hätten sicher manche von Ihnen oder euch noch mehr zu sagen

Noch etwas Anderes fällt uns oft schwer. Das ist die Stille. Beten ist nicht nur reden oder singen. Beten ist auch Stille. Frühmorgens, als es noch völlig dunkel war, stand Jesus auf, verließ die Stadt und ging in die Einsamkeit der Wüste, um dort zu beten.

In der Wüste ist es sehr still. In der Wüste ist es einsam. Jesus und viele vor ihm, von denen die Bibel erzählt, sucht die Einsamkeit der Wüste, die Stille, um Gott zu finden. Stille, wirkliche Stille, macht es unmöglich, dem zu entfliehen, was in uns ist. All den Ängsten, den Hoffnungen, dem Durcheinander der Gefühle und Gedanken. Stille kann Angst machen, wenn wir nachts aufwachen und ganz allein damit sind. Sie kann auch unendlich wohl tun . Wir brauchen sie für unseren Glauben. Denn beten ist nicht nur reden oder singen, beten ist auch, der Stille lauschen, sie sein lassen. „Hast Du denn Gott auch mal zu Wort kommen lassen?“ fragt ein Pater in einer Geschichte eine alten Frau, die klagt, dass sie Gott so viel erzählt und nie kommt eine Antwort. Nie spürt sie, dass Gott nahe ist. Weil der Pater sie offensichtlich gut kennt, empfiehlt er ihr, „im Angesicht Gottes“ zu stricken. Da wird es ihr leichter fallen, auch mal Gott das Wort zu überlassen.

Beten fängt nicht immer, aber oft mit der Stille an. Wir in der Kirche, wir geben ihr wenig Raum. Trauen wir ihr nicht? Trauen wir uns nicht zu, sie auszuhalten? Worte gibt es viele in so einem Gottesdienst, auch heute. Stille selten. Kommt Gott zu Wort bei uns? Manchmal denke ich, wir geben Gott und uns keine Zeit. Wir haben zu wenig Mut zur Stille. Aber wie gut tut sie bei Exerzitienabende oder in Taizégottesdiensten. Wie gut tut sie den Jugendlichen in einem Nachtgottesdienst und sogar den Kindergartenkindern. 

Vor kurzem habe ich den Kindern erklärt, dass ich ein paar Sätze mit ihnen beten will und wir dann still werden, damit sie an Gott denken können, und wenn sie wollen, Gott selbst sagen können, was sie Gott sagen wollen. 

Die Kinder, 3-6 Jahre alt, waren absolut still. Lange. Ich dachte: „lieber aufhören, wenn es am Schönsten ist und bevor sie wieder unruhig werden“. Das war falsch. Ein Mangel an Gottvertrauen und Zutrauen zu den Kindern. Ein Junge guckte mich ernst an und sagte vorwurfsvoll: „Ich hatte noch gar keine Zeit, Gott etwas zu sagen!“ Ich habe mich für meinen mangelnden Mut geschämt.

Beten braucht Zeit und manchmal Stille…………………….

Ich rede wieder so viel.

Versuchen wir es, wie die Kinder, lassen wir einen Moment der Stille, damit wir an Gott denken können und den Gedanken wagen, dass Gott auch an uns denkt!

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Was uns bewegt, Gott, bringen wir vor dich

Uns selbst vertrauen wir dir an, alle Angst, all unser Sehnen und Suchen,  

Wir entzünden eine Kerze am Kerzenständer

all die Menschen vertrauen wir dir an, die uns am Herzen liegen 

Kerze …..

Und die, die uns vorausgegangen sind aus dem Tod ins Leben, wissen wir geborgen in deinem Licht.

Kerze…

Amen

Lied: Wir strecken uns nach dir

Vater Unser

Liedruf                                                                                                    
Weißt Du, wo der Himmel ist außen oder innen; eine Hand breit rechts und links. Du bist mitten drinnen 

Segen

Orgelnachspiel: J. S. Bach „Liebster Jesu“

Die heutige Kollekte ist bestimmt für die Vereinigte Evangelische Mission –  Afrika und Asien Fachkräfte gesucht www.ekir.de/klingelbeutel

Nicht erst seit Corona werden in Afrika und Asien dringlich qualifizierte Fachleute gesucht. Die angehenden Nachwuchskräfte studieren zum Beispiel Medizin, Agrar- und Forstwirtschaft, Theologie, Pädagogik oder Informatik. Gezielt fördert die Vereinte Evangelische Mission (VEM) die Ausbildung von Mädchen und Frauen. 

Die Klingelbeutelkollekte ist in diesem Monat bestimmt für das Kinderhospiz Balthasar.

Hier erfahren Sie, wie Sie Ihre Kollekte überweisen können!