Predigtgedanken zu Matthäus 8, 5-13

24. Januar 2021, 3. Sonntag nach Epiphanias

Prädikantin Hannelore Schmiss
Orgel: KMD Silke Hamburger
1.) Bach „Herr Christ, der einig Gott‘s Sohn“
2.) eg 293 „Lobt Gott, den Herrn, ihr Heiden all“
Musik hier hören

Matthäus 8, 5-13

Der Hauptmann von Kapernaum

5 Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn

6 und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen.

7 Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen.

8 Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, daß du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.

9 Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan, und habe Soldaten unter mir; und wenn ich zu einem sage: Geh hin!, so geht er; und zu einem andern: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er’s.

10 Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden! 

11 Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen;

12 aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.

13 Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.

Liebe Gemeinde!

Stellen sie sich einmal vor, diese Geschichte wäre heute passiert. Da ist ein Hauptmann einer nichtchristlichen Militärmacht, der sich an einen Kirchenführer wendet, um Hilfe in seiner Not zu bekommen. Da wäre das Geschrei groß. Denn man würde hinter diesem tun doch ganz bestimmt irgendeine Schlechtigkeit vermuten. Ein Nichtchrist wendet sich nicht ohne Hintergedanken an einen Christen. 

Damals, zur Zeit Jesu, war das wohl nichts Besonderes, denn niemand regt sich auf, niemand versucht, den Hauptmann von Jesus fern zu halten. Es war wohl nichts Besonderes, wenn sich jemand um Hilfe an Jesus wandte. Und Jesus hört genau zu und erkennt sofort, was von ihm erwartet wird. Er soll den Knecht des Hauptmannes wieder gesund machen. Es ist für ihn selbstverständlich, dass er in das Haus des Hauptmannes geht, um nach dem Knecht zu sehen. 

Doch der Hauptmann erwartet keinen Hausbesuch, denn er ist sich der Tragweite seiner Bitte sehr wohl bewusst. Er, der nicht zur Glaubensgemeinschaft der Juden gehört, kann es einfach nicht erwarten, dass ein Rabbi, ein Gelehrter, sein Haus, das Haus eines Ungläubigen, betritt. Darum sagt er etwas, das einem die Sprache verschlägt: Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.

Hatte ich gerade „Ungläubiger“ gesagt? Dieser eine Satz sagt über den Glauben dieses Mannes doch mehr aus, als ellenlange Beteuerungen eines Menschen, der sich rechtfertigen will. Dieser Mann, der nicht zur offiziellen Gemeinde der Gläubigen gehört, der vertraut allein dem Wort Jesu. Schon das Wort Jesu, so glaubt er, kann das erreichen, was Ärzte und selbsternannte Wunderheiler mit ihrer Gegenwart, ihren Mittelchen und ihren Sprüchen nicht zu erreichen vermochten. 

Dieser Hauptmann, der doch so einiges zu sagen hat, der Macht hat, geht hier mitten unter der Volksmenge zu Jesus und bittet ihn. Er ist demütig, bescheiden und macht sich keineswegs besser als er sich selbst einschätzt. Er hält sich für unwürdig, Jesus unter seinem Dach zu empfangen. Darum bittet er ihn nur um ein Wort für seinen Knecht. 

Wie groß ist der Glaube dieses Mannes!

Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden! 

Jesus kann hier nicht umhin, „seiner“ Gemeinde ein paar mahnende Worte zu sagen. Er weist sie darauf hin, dass sie ihr Dasein als Juden als eine Versicherung gegen die Verdammnis halten. Sie nehmen alles, was sie mit Jesus erleben und was ihnen aus der Tora und dem Thalmud vorgelesen wird, als selbstverständlich hin; und da man das ja alles kennt, muss man sich keine Mühe mehr geben – weder danach zu leben, noch die Schriften zu lesen, um zu mehr Verständnis zu kommen. Ich gehöre doch dazu – da habe ich auch den Anspruch auf die Annehmlichkeiten!

Diesen Anspruch – mehr oder weniger deutlich ausgesprochen –  erlebe ich öfter, wenn ich mit Menschen spreche, die plötzlich irgendwie mit Kirche in Kontakt kommen, sei es bei einem Gespräch vor einer Amtshandlung (Taufe, Trauung), sei es auf dem Parkplatz unseres Gemeindezentrums, der sehr gerne von Menschen benutzt wird, die gar nicht zu uns wollen. Am härtesten traf es mich, als ich einen Mann zur Rede stellte, der seinen Hund den gerade von der Küsterin gesäuberten Kirchplatz verunreinigen ließ. Auf meine Vorhaltungen bekam ich zur Antwort, dass er ja schließlich Kirchensteuer zahle. Natürlich sind das Extremfälle. Sie fielen mir aber ein, als ich die ernsten Worte Jesu an seine Zuhörer las: Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern. 

Ist es nicht so, dass schon Jesus sich von seinen Zuhörern mehr Glauben und weniger Schau erwartet? Nicht sich groß hervortun mit dem, was man geleistet hat, wie gut man ist, wie groß der Einsatz ist für die gute Sache, sondern das da sein, zuhören und Glauben ist es, was Jesus von uns erwartet. 

Der Hauptmann von Kapernaum hat das verstanden. Er ging nicht als der mächtige Mann, der er war, zu Jesus, sondern als Bittsteller, dem es einzig um das Wohl seines Knechtes ging. Er glaubte fest daran, dass Jesus ihm helfen kann – und so ist es dann auch gekommen. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde. Amen.